PIEK führte im Juni 2021 ein Gespräch mit Dr. Katleen Gabriels. Sie arbeitet an der Universität Maastricht. Mittlerweile 1,5 Jahre weiter gibt es ein neues Gespräch mit dem Thema aktuelle, weltweite Entwicklungen im Bereich künstliche Intelligenz (AI), Industrie 4.0 und Chatbots. Im Herbst dieses Jahres erscheint eine neue Ausgabe ihres Buches Regeln für Roboter (im Englischen Conscientious AI). Dann wird generative AI (künstliche Intelligenz) im Vordergrund stehen. 

„Schaue ich 1,5 Jahre zurück sehe ich zwei wichtige Entwicklungen, die stattgefunden haben” beginnt Dr. Gabriels. „Die Transformation von Facebook zu Meta und der Durchbruch der generativen künstlichen Intelligenz in Form von ChatGTP und Vall-E. Ich bin momentan sehr kritisch gegenüber der Berichterstattung durch die Medien über beispielsweise ChatGPT. Sie ist sehr sensationsbezogen und die Möglichkeiten der Chatbots werden übertrieben. Man schildert negative Zukunftsbilder, dass es bald keine Journalisten oder Autoren geben wird, da die Chatbots alles übernehmen. Das ist Unsinn. Auch Unterrichtsinstanzen reagieren krampfhaft. Studenten werden als potentielle Betrüger gesehen, die ChatGPT für ihre schriftlichen Aufgaben einsetzen. Nach meiner Meinung wird nur eine Minderheit ChatGPT nutzen, denn die Wahrscheinlichkeit aufzufliegen ist relativ groß. Schauen wir uns die Geschichte der künstlichen Intelligenz an, sehen wir das es schon in den 50er Jahren besonders viel Erwartungen gab. Diese wurden aber nicht erfüllt und man denkt künstliche Intelligenz sei erledigt. Ein vergleichbares Bild gibt es auch bei „virtual reality“. VR wurde fast tot erklärt und macht jetzt eine Wiederbelebung in Form der  Metaverse durch.“

„ChatGPT verbessert sich momentan. Jeder, der einen Account hat, arbeitet im Prinzip gratis für OpenAI (Unternehmen hinter ChatGPT) durch Feedback zu geben. Bald wird es außer der gratis Version auch eine kostenpflichtige Version geben. Die Frage ist dann, welche Version besser ist, wer wird der Nutzer der jeweiligen Version sein und für welche Zielsetzungen wird man sie verwenden. Die generative AI hat auch ihre Nachteile, vor allem in kriminellen Kreisen. Phishing wird mit Dank an ChatGPT immer besser. ChatGPT macht kaum Sprachfehler und Phishing Mails sind immer schwerer erkennbar. Kriminelle setzen ChatGPT zum Verfassen und Übersetzen ein. 

Eine weitere Entwicklung ist VALL-E, eine AI-Anwendung, die jede Stimme imitieren kann (synthetic voice). Stimmen können mithilfe von VALL-E kopiert werden. Kriminelle nutzen dies und rufen beispielsweise Eltern an, deren Kinder vermeintlich um Geld bitten. Es ist einfacher um außer einer geschriebenen Nachricht einen mündlichen Bericht zu verbreiten. Unsere Gesellschaft wird in Zukunft viel aufmerksamer sein müssen. Dies gilt auch für Fotos und Videos. Viele verfälschte Fotos sind im Umlauf. Man nennt dies Deepfake und auch hier ist Wachsamkeit geboten.“ 

„Künstliche Intelligenz ist schon in vielen Bereichen unseres täglichen Lebens präsent. Dies wird in Zukunft noch mehr werden. Facebook investiert sehr viel Geld in Meta. Auf Dauer wird die virtuelle Welt sich mit der realen Welt mischen oder einen Teil der Realität ausmachen. Auch das Internet of Things ist immer mehr Teil unseres Lebens. Und es erleichtert unser Leben wie beispielsweise die Überwachungskameras, die man vom eigenen Smartphone bedient. Über Smartphone gesprochen. Die Funktionen werden zukünftig erweitert. Schon jetzt braucht man häufig das Smartphone um sich zu identifizieren um in betriebseigene Systeme einzuloggen. Das Verbot von TikTok auf Diensthandys der Mitglieder und Beamten der EU-Kommission ist nur der Anfang. Der Schutz von Gedankengut von Organisationen und das Verhindern von Datenlecken ins Ausland wird eine herausfordernde Aufgabe. Für Unternehmen ist es schwierig eine Wahl zu machen, ob Plattformen wie beispielsweise Tiktok genutzt werden können oder nicht. Die Abwägung einerseits zwischen kommerziellen Interessen bei Präsens auf Tiktok, um Kunden anzusprechen, und andererseits Risikos der Cybersicherheit in Kauf zu nehmen, ist schwierig. Wichtig ist als Unternehmen eine gute Strategie zu haben, die hilft fundierte und gesicherte Entscheidungen zu treffen.“

PIEK bedankt sich bei Dr. Katleen Gabriels für das ausführliche Gespräch und wünscht viel Erfolg bei ihren weiteren Forschungen. 

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